Mike Sterren: «Einen typischen Arbeitstag gibt es für kleine Gemeindekanzleien schlichtweg nicht»

Seit April 2016 ist Mike Sterren Gemeindeschreiber von Ausserberg. Der 40-jährige Vater von zwei Kindern blickt auf einen interessanten Werdegang zurück. Lehre und Berufserfahrung als Zimmermann, Kaufmännische Berufsmatura an der Mittelschule St. Ursula in Brig, Tätigkeiten im Baumaterialhandel und im Personalverleih – inklusive Weiterbildung zum Personalsachbearbeiter – und dann schliesslich die Anstellung als Gemeindeschreiber in Ausserberg. Es folgten eine Führungsausbildung und der Besuch des Lehrgangs zum bernischen Gemeindeschreiber, in welchem er als sogenannter Hospitant Einsitz nehmen durfte. Als spannend und abwechslungsreich beschreibt er die Arbeit als Gemeindeschreiber im Interview. «Eigenorganisation und Flexibilität sind immens wichtig», so Sterren.

Mike Sterren, gerade kleinere Gemeinden haben teils Mühe, geeignetes Personal für das Gemeindeschreiberamt zu finden. Dabei handelt es sich doch um eine spannende und abwechslungsreiche Tätigkeit. Oder?

Tatsächlich ist es eine spannende und sehr abwechslungsreiche Tätigkeit mit viel Eigenverantwortung. Die Exekutive besteht besonders in kleinen Gemeinden meist aus Personen, die Vollzeit in einem anderen Beruf engagiert sind. Häufig fehlt deshalb die Zeit, um alle Geschäfte abschliessend überblicken zu können. Da kommt die Gemeindeschreiberei zum Einsatz. Hinzu kommt, dass sich das Gemeindebüro eben aus diesem Grund selbst organisieren muss (oder darf), weshalb die Herangehensweise an die Arbeiten in allen Gemeinden etwas anders ausschaut. Eine Individualisierung ist unumgänglich. Diese Tatsache macht den Beruf nochmals etwas spannender. Die Mühe, Personal zu finden, rührt wohl daher, dass das Arbeitsvolumen einen zu Beginn zu erschlagen droht. Viele Arbeiten werden vom Kanton zurück an die Gemeinde delegiert und die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Ratsmitglieder ist hoch. Wenn man sich jedoch erst einmal einen Überblick verschafft hat, wird die Arbeit umso spannender. 

In Ausserberg sind sie in einer Oberwalliser Berggemeinde als Gemeindeschreiber tätig. Was erwartet einem in dieser Funktion in einer eher kleineren Verwaltung? Je kleiner, umso flexibler muss man sein?

Genauso ist es. In einer kleinen Gemeinde sieht das Kanzleipersonal in alle Bereiche hinein und muss alle Bereiche selbst managen. Wir besetzen gerade einmal 150 Stellenprozent in Ausserberg und sind verantwortlich für alles, was ansteht. Dies sind sowohl Anliegen aus der Bevölkerung als auch die Anliegen der direkten Vorgesetzten in Form des Gemeinderats und natürlich das Daily Business. Einen typischen Arbeitstag gibt es für kleine Gemeindekanzleien schlichtweg nicht. Es gibt wohl Aufgaben, die wöchentlich an einem bestimmten Tag erfüllt werden, doch die restliche Zeit wird so gut wie möglich abgearbeitet und vorbereitet (Sitzungen, Budget etc.). Wie schon erwähnt, sind Eigenorganisation und Flexibilität immens wichtig.

Sie sind privat auch als Künstler aktiv. Gibt es also noch Platz für ein Leben neben der Arbeit in der Gemeinde?

Diesen Platz muss man sich schaffen, respektive die Zeit dazu muss man sich nehmen. Wie in allen anderen Berufen auch ist ein körperlicher oder geistiger Ausgleich zum Arbeitsalltag sehr wichtig. Ich persönlich kann den eher bürokratischen Alltag mit Musik kompensieren, andere tun es mit Sport oder sonstigen Freizeitbeschäftigungen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Ratsmitgliedern. Findet ein ständiger Austausch statt?

Die Zusammenarbeit funktioniert recht gut – praktisch täglich findet ein Austausch mit dem Gemeindepräsidenten statt. In der heutigen Zeit mit all den Kommunikationsmitteln ist dies meist sehr simpel und unkompliziert möglich. Mit der Zeit konnte ich mir ein Bild machen, welches Ratsmitglied auf welches Medium besser reagiert, respektive wo die Reaktionszeit am schnellsten ist. So antwortet das eine Ratsmitglied schneller auf Whats-app-Nachrichten, ein anderes Mitglied der Exekutive bevorzugt den Austausch per E-Mails oder Telefon. Eine Anpassung an die individuellen Präferenzen ist unabdingbar. Nicht zuletzt, weil die Ratsmitglieder in ihrem Berufsleben bereits selbst ziemlich ausgelastet sind.

Ausserberg nimmt an der Pilotphase von eConstruction teil. Welche Erfahrungen konnten Sie in diesem Zusammenhang sammeln?

eConstruction ist ein gut aufgebautes System. Das heisst, die Grundidee ist gut und das System funktioniert. Dazu ist jedoch zu sagen, dass grosse Verwaltungen mit eigenen Bauabteilungen beim Umgang mit der online-Plattform klar im Vorteil sind. Während diese Abteilungen sich täglich nur mit Bauangelegenheiten beschäftigen, gehört der Umgang mit der Plattform für Verwaltungen von kleinen Gemeinden zu den vielen anderen Bereichen und Arbeiten in einer Verwaltung. Der Austausch zwischen Exekutive, Verwaltung und allenfalls Baukommissionsmitgliedern muss gut organisiert sein. Dieser findet meist nicht mehr im direkten Kontakt an Sitzungen, sondern über die Plattform statt. Es gilt jedoch auch zu sagen, dass, wie bei jeder anderen Systemerneuerung auch, sich der Bearbeiter erst einmal daran gewöhnen und einarbeiten muss, was angesichts des zeitlichen Aspekts und Drucks auf kleinen Gemeindekanzleien eine echte Herausforderung ist.

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